Sonntag, 15. Juli 2012

There and back again

Tandem am Kandel.
Dienstag Abend, 05. Juni. Seit zwei Tagen haben wir Besuch von zwei Hobbits, die Neuseeländer-like ganz heiß auf's Fliegen sind. Claudi-Hobbit ist die mutigere und natürlich leichteste, sodass ich mir ein längeres Obenbleiben bei den eher schwachen Bedingungen ausrechne. Doch leider kann ich die schwachen Blasen mit dem Tandem nicht richtig zentrieren.  Kaum im Steigen, fliegen wir beim Eindrehen schon wieder raus aus der Thermik. Eigentlich gefällt meinem Passagier der Flug. Bei jedem Heber gibt es ein "hui", doch kurz bevor ich die Suche nach der Thermik aufgeben will meint sie, dass ihr ein wenig schwindelig wäre. Die zwei Umdrehungen in der angedeuteten Steilspirale über dem Landeplatz geben ihr dann leider fast den Rest. Jetzt ist ihr richtig übel und ich bemühe mich mit gutem Zureden und den sanftesten Kurven die mein Tandem her gibt, dass das Mittagessen drinnen bleibt. Wir landen butterweich just in time. Eine Kurve mehr und sie hätte sich übergeben müssen. Von den gewerblichen Tandemfliegern hört man ab und zu den Spruch, dass man in solch einer Situation mit dem Passagier nur schneller runterspiralen müsse, als der es schafft sich sein letztes Essen noch mal durch den Kopf gehen zu lassen. Dumm nur, dass die Spirale erst das Fass zum überlaufen bringen kann. Nächstes mal also lieber unspektakulär die Ohren anlegen und ohne viel Gedöns einfach einlanden gehen. Mit dem zweiten Passagier am gleichen Tag (Major Tom) ergaben sich etwas andere Schwierigkeiten. Da er knappe 1,90 m groß ist, dauerte das reinsetzen in mein altes Gurtzeug in M etwas länger. Auch dieser Flug dauerte leider nicht viel länger als die Standardabgleiterzeit, zauberte aber ein zufriedenes Lächeln in Tom's Gesicht. Da es schon recht spät war, musste Hobbit Nr. 2 leider auf einen Flug verzichten, was er aber verschmerzen konnte, da er Zuhause schon mal das erhebende Gefühl des Abschwebens über Neuseelands grünen Hügeln erleben konnte.

Eineinhalb Wochen später. There and back again from Kandel.
Nach der Arbeit bin ich mal wieder hoch und unternahm den vierten Versuch nach einem kleinen Ausflug wieder zum Kandel zurück zukommen. Diesmal endlich mit Erfolg! Das Aufdrehen und Wegfliegen am Kandel ist mittlerweile schon ein Kinderspiel und auch diesmal war ich nicht alleine unterwegs. Ein grün-gelber Mentor2 zeigte mir am Hörnleberg wo es nach oben geht: direkt am Sendemast unterhalb der Hütte an der Nordseite. Ahhh... so geht das also! Die Höhe reichte gerade so, um am Landeplatz noch über den untersten Ausläufer des Kandels rüber zu kommen. Doch das bisschen Thermik, oder der Talwind reichten nicht mehr aus, um wieder nach oben zu kommen. 100 m höher hätte es evtl. gereicht. Der Mentor-Flieger kam zwar höher an, ist aber zwei Minuten später auch landen gegangen. :-)

Ein paar Tage später am Gschasi
Mit einem Arbeitskollegen und seiner Freundin treffen wir uns etwas verspätet bei den Elztalfliegern und sind positiv überrascht, dass diese gerade an diesem Sonntag ihr Fliegerfest feiern. Netter Weise entfällt deswegen auch die Tagesgebühr und wir nehmen den nächstbesten Transportbus hoch zum Startplatz. Abgesehen davon, dass es mit dem Privat-PKW verboten ist, ist die Auffahrt wirklich nur mit diesen Allrad-Bussen zu empfehlen. Alternativ kann man natürlich auch laufen. Mit den Säcken auf dem Dach kommt bei mir immer ein wenig Safari-Feeling auf. Genau rechtzeitig mit der Ankunft am Startplatz reißt die Wolkendecke auch über dem Schwarzwald auf. Um der jetzt einsetzenden starken Mittagsthermik zu entgehen, startet als erstes der Hase und macht einen passablen Rückwärtsstart.

Trotz ihrer latenten Thermikverweigerung kommt sie aber doch recht hoch über dem Landeplatz an und landet wegen den unsteten Bedingungen mit Rückenwind in KKF (Knie-Kinn-Fresse)-Manier ein. Zu Ihrer Verteidigung muss man aber auch sagen, dass bedingt durch das Fliegerfest der thermisch aktivere Landeplatz  unten im Tal benutzt wurde. Nicht ohne Grund liegt der übliche Landeplatz etwas höher mit eindeutigeren Windverhältnissen. Anschließend hoffe ich zuerst mit dem leichteren Passagier, der Freundin und später mit ihrem Freund auch etwas von der Thermik ab zubekommen. Leider rauschen wir bei beiden Flügen mal wieder recht uneffektiv durch die kleinen Blasen und gehen nach jeweils ca. 10 min landen. Immerhin erfolgen die Landung einwandfrei gegen den Wind. Zum Abschluss müssen wir uns von einer der Organisatoren noch die Frage nach einer gewerbsmässigen Abzocke gefallen lassen (der Verein bot an diesem Tag ebenso recht günstige Tandemflüge an), doch weil es 1. nicht stimmt und 2. die Flüge so schön waren, kann uns dieser blöde Spruch den Tag auch nicht mehr versauen. Wir werden trotzdem wieder kommen :-)

Das Elztal hat auch ein Ende :-)
23 Juni 2012 Der Hammer-Tag! und auch noch ein freier Samstag.
Um kurz vor 14 Uhr starte ich mit 6-7 Fliegern in einem Pulk am Kandel und finde nach ca. 5 Minuten vor dem Startplatz den ersten vernünftigen Bart zum hochkurbeln. Bei knapp 1950 m setze ich den Sprung zum Hörnleberg an und finde auch diesmal zuverlässig aber wieder tief den Hausbart am Sendemast, den ich zum ersten Mal für den nächsten Talsprung nach Elzach nutze. Auch heute bin ich nicht alleine unterwegs. Bei Elzach angekommen suchen wir zu dritt (wieder ein grün-gelber Mentor2 dabei) nach der nächsten Thermik. Mit noch ausreichend Höhe finde ich zunächst einen schwachen Bart, lasse mich aber vom vermeintlichen Steigen meiner zwei Begleiter dazu verleiten zu ihnen aufzuschließen. Dort angekommen bin ich nun tiefer, einer (der Mentor2-Flieger) hat den Bart gefunden und der andere musste leider landen gehen. Den zweiten rettenden Bart kann ich wieder vernünftig bis oben ausdrehen und fliege über das nächste Quertal rüber zum Gschasi. Dort müht sich schon der Mentor2-Flieger im Kessel in sichtlich turbulenter Luft ab, um den nächsten Bart zu finden. Meine Höhe ist noch recht komfortabel, so dass ich über Grathöhe im ungewohnt stetigen soaringartigen Steigen zunächst etwas Höhe machen kann. Doch lange währt das nicht. Zwei brutale Ablösungen und damit verbundene Turbulenzen verlängern den Flug zwar noch etwas, aber ich sinke trotzdem so langsam auf Startplatzniveau. Das kleine Tagesziel und viel mehr als ich bisher geschafft hatte ist erreicht. Eigentlich könnte man jetzt landen gehen.
Doch keine 100 m unter mir hat sich während meiner Sucherei einer startfertig gemacht und zeigt mir nun wo der Barthel den Most holt! Dankbar nehme ich die Thermikanzeige an und kurble mit ihm gemeinsam den nächsten Bart aus. Später sehe ich ihn nur noch oben an der Basis "hängen", zu der ich nicht mehr aufschließen kann. Nun ises da, das Ende des Elztales. Wahnsinn! Am Prallhang bei Dorf vermute ich den nächsten Bart und finde ihn auch prompt, nur so richtig ziehen tut das nicht. Da sehe ich den Mentor2-Flieger wieder und kurble mit ihm den nächsten längeren Bart aus, der interessanter Weise mitten über dem Seitental aufsteigt. Was ein für ein Genuss! Mit verschiedenen Fliegern, die man so zufällig in der Luft trifft, gemeinsam für einige Zeit auf Strecke zu gehen. Und schon trennen sich die Wege wieder, da ich die Thermik etwas länger auskurble und den nächsten Talsprung weiter südlich bei Gutach mache. Dort angekommen findet sich an den markanten Bergen leicht die nächste Thermik. Von hier aus ist im Osten schon zu sehen, dass bald Schluss ist mit dem Schwarzwald. Einen Talsprung mache ich noch über Kirnbach und hätte auch gleich den nächsten Anschluss gefunden, nur wie komme ich dann wieder zurück?
Die meisten Piloten die schon länger und "nur" am Hausberg fliegen haben sicherlich das Zeug um auch auf Strecke zu gehen. Allerdings scheint es da eine psychologische Barriere zu geben, die gewohnte Umgebung zu verlassen. Ich denke mal an diesen Punkt bin ich bei diesem Flug nun auch irgendwie angekommen, wodurch ich mich wohl dafür entschieden habe den Rückflug anzutreten. Dass dieser nicht leichter wird gegen den Wind war mir wohl bewusst. Mit dem Wind hätte ich evtl. noch mal so weit fliegen können, oder aber auch im nächsten Tal absaufen können.
Bei Wolfach versuche ich nun nach NW und gegen den Wind vorhaltend zunächst über einen längeren Bergrücken und gleich anschließend über ein Tal zu hüpfen. Dass das nicht gut geht, wird schnell klar. Mitten über Wolfach sagt mir mein gepeilter Gleitwinkel, dass das wirklich nicht geht. Also kehre ich um und kann am Hang tief angekommen wieder Höhe machen, die ich für einen gelungenen Sprung diesmal nach Singersbach (SW) an den Alternativhang nutze. Dort klappt der Einstieg in die Thermik auch wieder, dumm nur dass mich mein Gekreisel immer in die falsche Richtung versetzt. Der nächste Talsprung ist auch endgültig der letzte. Ziel wäre der Spitzfelsen gewesen, doch komme ich dort ca 100 m zu tief an und versuche noch vergeblich an einem Seitenhang im Talwind hoch zu kommen. Auf einer langgestreckten schmalen Wiese, umsäumt von der Kinzig und einer Hochspannungsleitung, komme ich sicher runter. Da dort eine Windfahne wie bestellt steht, gehe ich davon aus, dass dies sogar ein offizieller Landeplatz war. Nach dem Zusammenpacken laufe ich ein paar Meter und sehe am Ende der Wiese jemanden mit einem großen Rucksack sitzen. Es ist der Mentor2-Flieger. Was für ein Zufall! Zusammen nehmen wir den Bus bis Haslach und finden später noch eine Mfg bis Waldkirch, bzw. für ihn bis Freiburg. Am Parkplatz zur Kandelauffahrt zurück gekommen, muss ich noch nicht mal 5 Minuten warten und der Hase kommt mit dem Auto von seinem Wanderausflug auf der Platte zurück. Eigentlich wäre jetzt der Zeitpunkt gewesen um diesen perfekten Tag zu beenden, was wir auch mit einem Eis in Waldkirch für uns getan haben. Doch leider bleibt mit diesem Tag auch immer ein bitterer Nachgeschmack verbunden. Wahrscheinlich nur kurze Zeit später, als wir schon wieder auf dem Weg nach Hause waren, stürzt eine erfahrene Pilotin am Landeplatz des Kandel auf Waldkircher Seite aus einer stabilen Steilspirale in den Tod. Leider war dies auch nicht der einzige Unfall in letzter Zeit am Kandel, wenn auch leider der folgenschwerste. Da fragt man sich schon, was hätte ich in dieser Situation getan? Wenn auch häufig die Qualität einiger Beiträge in Foren zu wünschen übrig lässt, so kann ich die seit dem tödlichen Unfall entbrannte Diskussion im dhv-Forum jedem Gleitschirmflieger empfehlen sich durchzulesen.

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