Mittwoch, 27. August 2014

Bike, walk and fly

Auf unserer Radeltour vom Chiemsee zurück nach Freiburg sollte es als Vorveranstaltung zwei Wanderungen geben. Einmal auf die Kampenwand und einen Tag später die Zweite auf den Hochgern. Für die beiden Tage wollte ich meine schwere Ausrüstung aber nicht anschließend mit dem Rad und Anhänger zurückschleppen, auch wenn sich unterwegs evtl. noch ein zusätzliches Flugfenster aufgetan hätte. Also musste mein Kram leider Zuhause bleiben. Doch glücklicher Weise erzählte ich meinem Chef von unseren Urlaubsplanungen, worauf der meinte, er kenne Leute bei Skywalk (Gleitschirmhersteller bei Marquartstein, Nähe Chiemsee), die mir sicherlich eine Ausrüstung leihen würden. Ein paar mails später war die Leihausrüstung organisiert und ich froh bei passendem Wetter die Berge nicht mehr runter laufen zu müssen. Zur Verfügung gestellt wurde mir als Gurtzeug ein Sup Air Delight (3,23 kg + Rettung), der Leichtschirm Masala II (in S bis 95 kg, LTF: A, EN:A, 3,3 kg) und ein "Topfhelm" (wiegt fast nix). Das Ganze wurde in einem gut tragbaren vergleichsweise kleinen Rucksack verstaut, den ich mal so auf 8 kg geschätzt hätte, ein Traum im Vergleich zu den 18 kg meiner Ausrüstung. 
Da unser Quartier in Aschau lag musste ich zunächst mal mit dem Rad nach Marquartstein und mit dem Schirm wieder zurück nach Aschau zum Treffpunkt 10 Uhr Parkplatz an der Gondelstation der Kampenwand. Mein Morgensport mit 32 km war also schon erledigt. Jetzt noch der Aufstieg mit Schirm auf den Gipfel und anschließend der wohl verdiente Abgleiter von weiter unten an der Gipfelstation der Bahn. Netter Weise öffnete sich alsbald die Wolkendecke, woraufhin schon die ersten in der Thermik aufdrehten.
Ok, alles neu, neues Fluggebiet, neuer Gurt, neuer Schirm. Wo geht's denn hier nach oben? Erst mal einen Local fragen und natürlich die schon Kurbelnden beobachten. Das Gurtzeug machte ohne große Veränderungen erst mal einen recht gut eingestellten Eindruck auf mich. Leider waren meine Füße aber doch um einige Zentimeter zu kurz, wodurch ich keinen vernünftigen Druck auf die Fußplatte bekommen habe. Für den Brustgurt gibt es nur einen normalen Verschluss. Die rechte Seite wird mit einem "old-school"- Aluleichtverschluss (zwei Rechtecke die man ineinander schieben muss) verbunden. Ebenso werden die Beingurte damit verbunden. Zumindest für den Burstgurt hätte man auch einen zweiten normalen Verschuss verwenden können. Dann noch der ungewohnt filigrane Schirm und seine minimalistischen Tragegurte. Das Sortieren der Leinen macht aber bei den farbig unterschiedlich markierten ummantelten Leinen kein Problem. Zudem sind es auch nur 3 Leinenebenen. Beim Einhängen der Tragegurte sollte man noch mal nachschauen, ob diese nicht verdreht sind.
Der Schirm steigt erwartungsgemäß beim geringsten Lüftchen und bleibt brav ohne vorzuschießen über einem stehen. Da aus Gewichtsgründen auch noch mein Vario/GPS Zuhause bleiben musste, war auch noch Popometerfliegen angesagt. Trotzdem ging es gleich nach dem Start ganz gut nach oben und mal gleich rüber zum Gipfel, der auf diese Weise natürlich viel angenehmer zu erklimmen ist. 

Noch ein wenig mit den anderen im gleichen Bart aufdrehen und gut war's, denn von Westen kam schon wieder dickeres Gewölk herangekrochen. Da über dem Landeplatz am Hochseilgarten bei Aschau ("down town") noch einiges an Höhe vorhanden war, testete ich kurzer Hand mal die SAT-Tauglichkeit des schulungstauglichen Schirmes. 
Fazit: schön einzuleiten, viel weniger Zugkraft als bei meinem Schirm nötig und links herum sogar fast noch schöner (bisher nur SATs nach rechts geflogen). Doch zeigte sich auch, dass ein an der Oberkante (Gesamtsystemgewicht ca. 95 kg) geflogener 1er Schirm bei entsprechendem Bremsleineneinsatz auch gut Dynamik aufbaut. Leider fand ich die schlapprigen Bremsgriffe (deren Ummantelung sich leicht verschiebt) eher ungeeignet einen halben Schlag zu wickeln, der mir zudem beim Kurbeln noch nicht mal ausreichte um bei angenehmer Handhaltung den Schirm zügig um's Eck zu bekommen (1er Schirm eben). Zieht man mit 1,5 facher Wicklung dann etwas zu tief fängt er recht schnell an Schräglage aufzubauen, mit dem entsprechenden Sinken. Trotz der Kompromisse, die man bei einer Leichtausrüstung machen muss, war dies eine feine Sache für die beiden Tage und auch noch mit ausreichender Leistung in der Thermik zu fliegen. Bei dem geringen Gewicht wäre es mir auch nicht schwer gefallen, das Ganze wieder nach unten zu tragen. Glücklicher Weise tat sich am Hochgern nach dem Regen-Abstieg vom Gipfel zum Hochgernhaus doch noch ein Abgleiterfenster auf, wodurch mir auch hier ein langer Abstieg erspart blieb. 
Einen dickes Dankeschön geht auf jeden Fall mal an die Firma Skywalk und an ihre Mitarbeiter Arne, Ferdi und Judith und natürlich an meinen Chef, die mir diese beiden schönen Flüge ermöglicht haben.



Samstag, 9. August 2014

Sicherheitstraining

Wir haben es überlebt!
Herrschte vor dem Training doch einige Skepsis ob ein Sicherheitstraining überhaupt sinnvoll sei und man sich denn trauen würde, solch verrückte Dinge mit dem Gleitschirm, wie Klapper ziehen, B-Stall, Steilspirale fliegen ...anzustellen, so war man sich nach dem Training einig, dass man viel über sein Fluggerät und vor allem über sich selbst gelernt hat. Zudem hat es auch noch Spaß gemacht!
Ein Dank an das Team der Flugschule Achensee (diesmal geleitet von Simon Winkler), das uns sehr sympathisch, gut organisiert, kompetent und überzeugend dem sicheren Umgang mit unserem Sportgerät näher gebracht hat. Wir haben garnicht gemerkt, wie uns die Angst genommen wurde. Es trafen sich am Achensee für drei Tage die Thermiktante mit Freund, ihr Fliegerpapa, der Vielflieger, der Hase und Erdaselbst. 




Trotz der schlechten Wetterprognose konnte an zwei von drei Tagen geflogen werden, wobei 7-9 Flüge dabei rum kamen. Der Achensee bietet mit dem Zwölferkopf  nur 521 m Höhendifferenz, was nach erreichen der Trainingsstelle über dem See nicht viel Höhe für Manöver übrig lässt. Wie auch in echten Gefahrensituationen muss bei den Übungen die Resthöhe stetig kontrolliert werden. Hat man dann die wertvolle Höhe (Dreierkarte mit der Gondel: 23 € + 4 € Tages-Landegebühr) durch Schirmdeformationen vernichtet und anschließend noch die volle Kontrolle über sein Gerät, steht mit der Landeeinteilung der nächste Stress an. Reicht es noch bis zur Landewiese, kann ich eine vernünftige Landeeinteilung machen? Immerhin stehen genügend Ausweichs-Wiesen zur Verfügung auf die man einlanden kann, was im Vergleich zum Gardasee z.B. ein großer Vorteil ist. Andererseits ist so viel Höhe wie am Gardasee oder anderen Sicherheitstrainingsgebieten u.U. garnicht notwendig um sich an Flugmanöver heranzutasten. Wer möchte schon 1000 m als Fluganfänger in einem Stück oder auch nur in zig Versuchen runterspiralen. Oft braucht es ein wenig Zeit um Flugfehler zu verstehen und es beim nächsten mal besser zu machen. Ist man durch eine vermurxte Flugfigur mit den Nerven völlig aus der Spur nutzen einem die restlichen vielen Höhenmeter auch nicht mehr viel (zumindest nicht für neue Manöver, für das Wiederherstellen des Normalfluges sicher schon). Daher ist die geringe Arbeitshöhe am Achensee nicht unbedingt nur ein Nachteil. Ein wirklicher Nachteil des Achensees aus Sicht des wasserscheuen Fliegers ist höchstens das kalte Wasser. Geschätzte 16 °C luden uns nicht wirklich ein den Rettungsschirm absichtlich zu ziehen. Ein Teilnehmer des Trainings hat sich aber trotzdem getraut und nicht schlecht gestaunt was seine relativ kleine Rettung für hohe Sinkwerte zulässt. Spätestens beim spritzigen Eintauchen ins Wasser war allen klar, dass das auf einer Wiese richtig weh getan hätte. Nun schaut er sich nach einer größeren Rettung um.
Persönlich gefiel mir die Ausbeute meines zweiten Sicherheitstrainings ganz gut. Mein Ziel, endlich vernünftig SATen zu können, war nach drei Versuchen erreicht, wobei ich im ersten Versuch zu früh zu tief gezogen hatte und dabei einen einwandfreien McTwist verursacht hatte. Dieser endete immerhin diesmal anders als beim letzten Training nicht mehr im Twist (ein Nachteil meines Liegegurtzeuges). Tiefes ziehen in den Full Stall mit ordentlicher Ausleitung beendete das vermurxte Manöver sicher. Im zweiten Versuch kam ich zwar schon in den SAT, allerdings noch mit zu hohen g-Kräften. Tieferes ziehen der Innenbremse war mir durch nur einen "halben Schlag" an der inneren Steuerleine leider nicht möglich. Einen Versuch später mit zusätzlicher ganzer Wicklung um die Hand hatte dann den gewünschten Effekt: Ich rückwärts, mein Schirm vorwärts und die Welt um mich herum im Taumeltanz. Ein Traum und endlos, da mit wenig g-Kräften auszuhalten. Leider hatte ich vom beherzten Ziehen der Steuerleine einen Versuch und Tag zuvor meinen Bizeps schon etwas überlastet, was im dritten Versuch  in einen kolossalen Bizeps-Krampf mündete. Ein Wadenkrampf  ist schon eine üble Angelegenheit, die aber nach spätestens 1 Minute erledigt ist. Dieser Bizeps-Krampf hielt sagenhafte 1,5 h an. Dachte schon ich hätte eine Muskelzerrung. Abgesehen von einer Musterspirale, zwei unbeschleunigten Frontklappern, 3 beschleunigten Seitenklappern mit 50, 75 und 100% Beschleunigung feilte ich noch zwei Versuche lang am Full Stall, der nicht mehr ganz so "deep" und über den "Flyback" sauber ausgeleitet werden sollte.
Was noch fehlt in der Wunschliste wären saubere und hohe "Wingover" für die man je nach Begabung aber leider mehrere Sicherheitstrainings brauchen kann. Vor dem Maneuver hab ich echt Respekt. Mal sehen wie weit ich das mit dem timing nur mit Gewichtssteuerung hin bekomme. Alternativ ergibt sich ein ähnliches Fluggefühl bei der asymmetrischen Spirale, die mir etwas beherrschbarer vorkommt. Schön wäre auch noch ein "crazy chicken" (auch Harz-4-Heli genannt) gewesen, aber völlig Sinnbefreit. Was noch fehlt um endgültig in den Bereich der Akrobatik-Fliegerei einzusteigen wäre der echte Heli und der ultimative Kick mit dem Looping bzw. Infinity. Zum Glück reizt mich das bisher nicht, ich habe dafür die komplett falsche Ausrüstung und auch nicht die Vorraussetzungen mit einem See vor meiner Haustüre, um das etwas sicherer trainieren zu können. Da halt' ich's wie der Schuster und eine weitere Ausrüstung will ich mir auch nicht leisten. Interessanter dagegen wäre mal was am Gewicht meiner Ausrüstung zu tunen.
Die erste Gelegenheit einen Leichtschirm mit noch leichterem Wendegurtzeug zu testen wird sich Mitte August an der Kampenwand und dem Hochgern ergeben. Hier möchte ich von Skywalk den Masala mit dem Flex Wendegurtzeug testen. Wenn das Wetter mitspielt sollten die zusätzlichen 6-7 kg im Gegensatz zu meinen ca. 18 kg ein Traum sein auf dem Wanderweg nach oben.